Rechtl. Grundlagen

Rechtliche Grundlagen


Soziotherapie ist als § 37a durch Gesetz vom 22.12.1999 (Bundesgesetzblatt I S. 2626) in das Sozialgesetzbuch V eingefügt worden. In der Begründung führte die Bundesregierung aus, dass nach den ersten zwei Anlaufjahren jährliche Kosten von 120 Mio. DM den Krankenkassen zusätzlich entstehen werden. Diese Ankündigung führte bei den Kassen zu Überlegungen, die Eingliederungshilfe hiervon nicht zu entlasten. Denn die ambulante aufsuchende Hilfe von psychisch Erkrankten wurde bisher von den Sozialbehörden finanziert und gesteuert (ambulant betreutes Wohnen).

Die gesetzlich eingeführte Möglichkeit, den Personenkreis der Patienten möglichst zu begrenzen, wurde im Rahmen der Beratungen des damaligen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Formulierung von Richtlinien zur Soziotherapie gem. § 92 SGB V weitgehend genutzt. Es gelang den Kassen, in der Regel nur Patienten mit schizophrenen Erkrankungen bzw. mit schweren psychotischen Symptomen einzubeziehen.

Da Soziotherapie als ambulante Leistung für psychisch Erkrankte eine neue Leistungsart darstellte, und die Frage der Zulassung geeigneter Fachkräfte nicht zwischen Krankenkassen und Soziotherapeuten ausgehandelt werden konnte, räumte der Gesetzgeber den Kassen das Recht ein, Zulassungsbedingungen einseitig in entsprechenden Empfehlungen gem. § 132b Abs. 2 SGB V festzulegen. Nach der Gründung des Berufsverbandes der Soziotherapeuten als Vertreter der Leistungserbringer wurde diese Rechtsgrundlage zum 1. Juli 2008 wieder gestrichen. Nunmehr gehen zwar viele Kassen immer noch von ihren Wunschbedingungen aus, treffen jedoch bei den Leistungserbringern mit Unterstützung durch ihren Berufsverband auf zunehmenden Widerstand (siehe hierzu den Abschnitt Zulassung).

Seit 2008 bestehen bei der Bundesregierung und vielen Beteiligten in der Psychiatrie Überlegungen, die Soziotherapie-Richtlinien zu reformieren. Hierbei geht es insbesondere um eine Aufweitung des Personenkreises, der Soziotherapie beanspruchen kann. Der Berufsverband der Sorziotherapeuten hat gefordert, die Einschränkung nach Diagnosen vollständig aufzuheben, denn es wird weder in den Behandlungsleitlinien für die einzelnen psychischen Erkrankungen, noch in den neuen S 3 – Richtlinien für die Sozialpsychiatrie irgendeine Indikation genannt, die nicht einer aufsuchenden Unterstützung im persönlichen Umfeld des Patienten bedarf. Zur Bestimmung des Patientenkreis würde es im Sinne des Gesetzes völlig genügen, die bestehenden Teilhabeeinschränkungen im Sinne des ICF zu definieren.

Zur Novellierung der Soziotherapie-Richtlinien wurde beim Gemeinsamen Bundesausschuss eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Der Berufsverband hat schon 2008 und damit vor Beginn seiner Beratungen eigene Vorschläge zur Novellierung unterbreitet. Diese wurden bei der Überarbeitung der Richtlinien nicht berücksichtigt, denn am 22. Januar 2015 übergab der Gemeinsame Bundesausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit den Entwurf einer neuen Soziotherapie-Richtlinie, der weitestgehend die alten Regelungen zu konservieren versucht. Hierzu hat der Berufsverband Anfang Februar 2015 dem Ministerium eine Stellungnahme vorgelegt, die aber nur insofern in die Prüfung einbezogen wurde, als mit der Genehmigung der Richtlinie die Weisung erteilt wurde, die Auswirkungen der neuen Richtlinie zu überprüfen. Damit gilt ab 15. April 2015 die neuen Richtlinien.

Die Aufgabenstellung der Soziotherapie korrespondiert auffallend mit § 26 SGB IX, in dessen Absatz 3 die Aufgaben der medizinischen Rehabilitation beschrieben werden. Diese Formulierungen decken sich weitgehend mit der Aufgabenbeschreibung der Soziotherapie, wie sie in geltenden Fassung der Soziotherapie-Richtlinien formuliert wurden. Die Einführung der Soziotherapie in das SGB V um die Jahreswende 1999/2000 steht daher rechtspolitisch in einem engen Zusammenhang mit der Einführung des SGB IX, das am 19.06.2001 wirksam wurde. Soziotherapie bildet das entscheidende Instrument, wesentliche rehabilitative Forderungen des SGB IX an die Krankenkassen bei den psychisch Erkrankten zu erfüllen.

Die Umsetzung dieser Pflichtaufgaben der Krankenkassen lässt immer noch auf sich warten. Bis dahin wird notgedrungen die Eingliederungshilfe über ihr Instrument der Ambulanten Hilfe die fehlende Soziotherapie ersetzen müssen. Sie macht die Patienten jedoch zu Sozialhilfeempfängern, bedingt also die Offenlegung der persönlichen finanziellen Verhältnisse sowie die finanzielle Beteiligung unterhaltsverpflichteter Angehörigen an den anfallenden Kosten. Dies lehnen viele Patienten aus guten Gründen ab, nehmen lieber die fehlende soziotherapeutische Versorgung trotz der hieraus resultierenden Risiken in Kauf.